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Stand: 16.05.2024 Neuigkeiten

Dunkles Kapitel der Laufer Geschichte wird aufgearbeitet

Präsentation NS-Projekt

Gemeinsam stellten Michael Meye, Christoph Maier, Dr. Ina Schönwald, Bürgermeister Thomas Lang, Otfried Bürger und Helmut Summer (von links) das Geschichtsprojekt „Brennpunkte des Nationalsozialismus“ vor.

Foto: Andreas Kirchmayer

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation des Deutschen Reichs. Überall in Deutschland hatte die totalitäre Herrschaft der Nationalsozialisten in fast zwölf Jahren viele Spuren hinterlassen, auch in Lauf an der Pegnitz. Nun beschäftigt sich das Laufer Stadtarchiv im Rahmen eines Forschungsprojekts intensiv mit der NS-Zeit. Initiiert und finanziert wurde das Projekt für Schulen von der Summer Kulturstiftung. Die Kulturstiftung der Sparkasse Nürnberg unterstützt die Arbeit des Archivs finanziell. Bei einem Pressetermin im Laufer Rathaus wurde das Projekt nun vorgestellt.  

In fünf Projektphasen beschäftigt sich die Leiterin des Stadtarchivs Dr. Ina Schönwald gemeinsam mit einem Historiker anhand von konkreten Orten in Lauf mit dem dunklen Kapitel der Stadt. Diese Phasen werden für die Webseite des Stadtarchivs aufbereitet und können als Unterrichtsmaterial von Lehrkräften aller Schularten nach Erhalt der erforderlichen Zugangsdaten heruntergeladen werden.

Etablierung strenger hierarchischer Strukturen

Die erste Phase, die sich mit den Brennpunkten der Kernstadt befasst, soll vor allem die Ideologie des Nationalsozialismus und seine öffentliche Struktur beleuchten. Die Schülerinnen und Schüler erfahren unter anderem, auf welche Weise der Nationalsozialismus alle Bereiche des öffentlichen Lebens in Lauf durchdringen konnte. Damit einher ging die Umgestaltung des Marktplatzes, die Etablierung strenger hierarchischer Strukturen, die Schaffung parteieigener Gruppierungen in der Stadt, die Manifestation der Grundlage einer Geschichts- und Heimatideologie und die Verfolgung politischer Gegner und Menschen, die der rassistischen nationalsozialistischen Ideologie gemäß als „minderwertig“ oder „politisch unzuverlässig“, weil oppositionär galten. So wird beispielsweise das frühere Amtsgefängnis vor der Laufer Burg (heute „Schlossplatz“) thematisiert, in dem die SPD-Stadträte nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten inhaftiert wurden, um von dort aus in das Konzentrationslager Dachau gebracht zu werden.

In der zweiten und aktuellen Projektphase beschäftigt sich der vom Stadtarchiv beauftragte Historiker Christoph Maier M.A. mit dem sogenannten „Reichseinsatz“ von über 2.000 ausländischen Zwangsarbeiterinnen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in Lauf während des Zweiten Weltkriegs. In der differenzierten Betrachtung erfolgt eine Verortung der damaligen Situation im historischen Kontext von Kriegswirtschaft und NS-Rassenideologie. Besonderes Augenmerk liegt auf der Geschichte des 1942 für eine Interessensgemeinschaft von Laufer Industriebetrieben errichteten „Ostarbeiterlagers“ bei der Bertleinschule.

Ideologische Besetzung des Kunigundenfests

Weitere drei Projektphasen sollen in den kommenden Schuljahren folgen. Sie werden sich mit der Arisierung Laufer Betriebe, der ideologischen Besetzung des Kunigundenfests, dem Körperkult, der Bauideologie und der Spionage in dieser Zeit unter der Diktatur in Lauf beschäftigen.

79 Jahre nach Kriegsende gebe es immer weniger Zeitzeugen, betonte Bürgermeister Thomas Lang bei dem Pressetermin. Gerade deshalb und im Hinblick auf aktuelle politische Entwicklungen, sei es so wichtig, die Zeit des Nationalsozialismus und ihre schrecklichen Konsequenzen für die Menschen den nachfolgenden Generationen vor Augen zu führen.  Er bedankte sich bei der Summer Kulturstiftung und der Kulturstiftung der Sparkasse Nürnberg, vertreten durch Otfried Bürger, für die Finanzierung des Projektes.  Ziel sei es, sich dem schwierigen Thema auf wissenschaftlicher Basis und mit einem pädagogischen Konzept zu nähern, und nicht eine moralisch belehrende Position einzunehmen. Man wolle das Geschichtsprojekt aber zum Anlass nehmen, sich Gedanken über die Erinnerungsarbeit zu machen. „Wie die anderen Opfer des Nationalsozialismus sollen auch die Zwangsarbeiter ein würdiges Gedenken erfahren“, so Lang. Dem Laufer Stadtrat, der das Projekt auf den Weg gebracht hatte, dankte er für den einstimmigen Beschluss.


Erinnerung an das Unrecht nationalsozialistischer Verfolgung

Ina Schönwald erinnerte daran, dass bereits auf Initiative des Deutschen Städtetags unter dem damaligen Bürgermeister Rüdiger Pompl im Jahr 2000 begonnen worden war, die Geschichte der Zwangsarbeit in Lauf aufzuarbeiten, die von dem damaligen Leiter des Stadtarchivs Ewald Glückert mit der Ausstellung „Nach Deutschland fortgetrieben“ dokumentiert wurde. (Die Stadt war damals gemeinsam mit Laufer Unternehmen der „Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft“ beigetreten, die sich dafür einsetzt die Erinnerung an das Unrecht der nationalsozialistischen Verfolgung aufrecht zu erhalten). Eine Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus hingegen wäre dem Stadtarchiv aus personellen Gründen bislang nicht möglich gewesen. Diese Lücke kann mit dem jetzigen Projekt und der Finanzierung eines externen Historikers durch das Laufer Ehepaar Summer nun geschlossen werden. Die 2013 von ihnen gegründete Summer Kulturstiftung hat den Auftrag, Schülerinnen und Schülern die Laufer Geschichte näherzubringen. 

Das Interesse an der Zeit des Nationalsozialismus sei bei Schulklassen, die das Archiv besuchen, immer sehr groß, sagte Dr. Schönwald. Und glücklicherweise verfügt das Archiv über besonders zahlreiche und aussagekräftige Quellen zur NS-Zeit, auch, weil die Nationalsozialisten ihr Archiv in Lauf nach dem Kriegsende nicht vernichtet haben. Hinzu kommt die dichte Überlieferung zum Thema, die im Staatsarchiv Nürnberg erhalten ist und die für die genaue Aufarbeitung hinzugezogen wird. 

Zwangsarbeit in Lauf

Laufer Unternehmen, die während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter beschäftigt haben, wurden vom Stadtarchiv zu einem gemeinsamen Treffen eingeladen und über das Projekt informiert. Bei der Aufarbeitung gehe es nicht darum Schuld zuzuweisen, betonte Michael Meye, der Leiter des Kulturamts der Stadt Lauf, zu dem das Stadtarchiv gehört, ebenso wie seine Stellvertreterin Anja Schwemmer, die das Projekt mit aus der Taufe gehoben hat und begleitet.

Vorerst sollen die Erkenntnisse des Projekts, wie von den Stiftern gewünscht, ausschließlich den Schulen zur Verfügung gestellt werden. Es ist seitens aller Beteiligten geplant, zu einem späteren Zeitpunkt, Teile der Ausarbeitungen auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. 

Interessierte Lehrkräfte können unter www.stadtarchiv-lauf.de mittels Online-Formular den entsprechenden Zugang anfordern.