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Stand: 21.05.2024 Neuigkeiten

"Gegen das Vergessen" - Lesung aus verbrannten Büchern

Lesung aus verbrannten Büchern_B1 und B2

Auch Bürgermeister Thomas Lang und seine Stellvertreterin Nina Bezold lasen aus Büchern, die auf dem Index des Nazi-Regimes standen.

Foto: Andreas Kirchmayer

Mitte Mai fand zum Gedenken an die Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten im Jahr 1933 eine Stationenlesung im Laufer Stadtgebiet statt, bei der Bürgermeister, Stadtratsmitglieder und Einrichtungsleitungen Texte von Autoren vortrugen, die auf den sogenannten „Aussonderungslisten“ des Nazi-Regimes standen, die also unerwünscht und zur Vernichtung freigegeben waren. 

Ein Schwerpunkt lag dabei in diesem Jahr auf Texten von Franz Kafka, dessen Todestag sich am 3. Juni 2024 zum 100. Mal jährt. Der jüdische Schriftsteller, der im Hauptberuf als Jurist Versicherungsbeamter war, starb im Alter von 40 Jahren an Tuberkulose und ist bis heute eine der faszinierendsten und seltsamsten Gestalten der literarischen Moderne. 

„Mit Kafkas Texten kommt man an kein Ende, sie erlauben und erfordern immer neue Deutungen, sie glimmen im Dunkeln und wirken lange nach“, so die Einschätzung der Veranstalterinnen Ina Gombert und Sabine Stoll. Insgesamt sechs Kafka-Texte standen auf dem diesjährigen Lesungsprogramm, darunter bekannte wie Ausschnitte aus die „Die Verwandlung“ und dem Roman „Der Verschollene“, aber auch unbekanntere, die sich als mindestens ebenso eindrücklich erwiesen: „Ein Traum“, „Auf der Galerie“, „Ein altes Blatt“ und „Ein Bericht für eine Akademie“. Hinzu kamen Texte von Ernst Toller und Klaus Mann – insgesamt ein faszinierender Einblick in die Literatur des ersten Drittels des vergangenen Jahrhunderts.

Flankiert wurden die literarischen Vorträge durch Hintergrundinformationen zu den Autoren, ihrem Leben und Wirken sowie zu den Leseorten: Was geschah in Lauf während der Zeit der Bücherverbrennungen? Das interessierte Publikum erfuhr von dem Versuch einer Bücherverbrennung auf dem Laufer Marktplatz im Mai 1933, angeordneten „Säuberungsaktionen“ in der Bücherei, Zwangsarbeitern in der kriegswichtigen Ventilkegelfabrik Dietz & Pfriem und Deportationen von Laufer SPD-Mitgliedern ins KZ Dachau aus dem Gefängnis auf dem heutigen Schlossplatz.

Gerade heute scheint der Kampf gegen das Vergessen von ungeheurer Wichtigkeit. Ernst Toller wusste das bereits 1933: „Wenn das Joch der Barbarei drückt, muss man kämpfen und darf nicht schweigen. Wer in solcher Zeit schweigt, verrät seine menschliche Sendung.“ Die Mitwirkenden an dieser Lesung aus verbrannten Büchern ließen keinen Zweifel daran, dass sie hier mit Toller einer Meinung sind. Ihnen allen war es wichtig, gemeinsam ein Zeichen zu setzen gegen das Vergessen, gegen die Unterdrückung politisch unliebsamer Meinungen, für die Freiheit der Kunst und der Literatur, für die Freiheit im Allgemeinen, für Demokratie und Frieden.