Politikwissenschaftler Münkler: Deutschland soll Führungsrolle annehmen

Herfried Münkler (links) im Gespräch mit Tom Viewegh.
Foto: Andreas Kirchmayer/ Stadt LaufZum Abschluss der 30. Literatur Tage Lauf kam einer der bekanntesten Politologen Deutschlands in die Bertleinaula: Der emeritierte Professor Herfried Münkler. Im Gespräch mit Tom Viewegh vom BR ging es bei der Matinee in der sehr gut gefüllten Bertleinaula um sein Buch "Macht im Umbruch" und einen Blick in die Zukunft Europas und der Welt.
Der 74-Jährige beklagte die niedrigere Innovationsrate Europas im Vergleich zu den USA, die mit der Abwanderung vieler europäischer Wissenschaftler an US-Universitäten zusammenhängt. Dazu komme, dass europäische Start-Up-Unternehmen häufig von US-Unternehmen aufgekauft würden. Wenn Europa strategische Autonomie erlangen wolle, dürfe das so nicht weitergehen, so Münkler.
Die Bundesrepublik sieht Münkler in der Pflicht, in Europa außenpolitisch eine Führungsrolle anzunehmen, die sich aufgrund der großen Bevölkerung, der Wirtschaftskraft und der zentralen Lage aus seiner Sicht aufdrängt. Deutschland müsse gemeinsam etwa mit Frankreich, Italien, Großbritannien oder Polen voran gehen. Vereinzelt sei das in den vergangenen Jahren bereits geschehen, so Münkler, etwa bei der Hilfe für die Ukraine.
Die Zeiten einer regel- und wertebasierten internationalen Ordnung seien vorbei, nun gehe es um bloße Macht. Xi Jinping, Wladimir Putin und Donald Trump bestimmten das Tempo und wer das nicht mitgehen könne, werde ein "Fußabtreter der großen Mächte".
Viewegh fragte, welche deutschen Politiker in der Lage seien, eine Führungsaufgabe zu übernehmen. Münkler lobte Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, die einen Führungswillen mitbringe, den man bei deutschen Politikern selten finde. Insgesamt seien die strategisch denkenden Köpfe in der deutschen Politik rar geworden, beklagte Münkler. Für Friedrich Merz könne es ein Vorteil sein, dass er in seiner Partei in den vergangenen 20 Jahren vor der Wahl zum Bundeskanzler kaum eine Rolle gespielt habe. Denn in der Regel kämen diejenigen nach oben, die sehr gut vernetzt seien und sich mit allen gut absprechen. Doch brauche es aktuell jemanden, der wie in der Wirtschaft Entscheidungen schnell und unter unvollständiger Information treffen könne. "Wir brauchen jetzt keine Zauderer", so Münkler.
Europa sieht Münkler in einer "geostrategischen Sandwichposition" zwischen Russland und den USA. Denn auf die USA dürfe man sich nicht mehr verlassen. Schon seit der Präsidentschaft von Barack Obama liege der außenpolitische Fokus der USA primär auf China und den südostasiatischen Raum, so Münkler. Er warnte auch vor dem Nachfolger von Wladimir Putin. Wer auch immer es werde, er müsse sich erst einmal beweisen und könne deswegen in Verhandlungen noch ein härterer Knochen sein als Putin. Kritik äußerte Münkler an der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf die Aggression Russlands gegenüber der Ukraine im Jahr 2014 nicht angemessen reagiert habe sondern mit dem Minsker Friedensabkommen im Februar 2015 Appeasement-Politik betrieben habe. Deutschland hätte sich auf einen möglichen Konflikt vorbereiten müssen, aber das sei nicht passiert. Münkler erinnerte daran, dass er vor zehn Jahren vergeblich dafür geworben hatte, dass die Bundeswehr Kampfdrohnen bekommt, um auf einen Konflikt vorbereitet zu sein.
Auch um Putins Rede vor dem Bundestag im Jahr 2001 ging es. Dessen Vorschlag einer russisch-deutschen Kooperation sei vergiftet gewesen. Deutschland hätte sich mit allen europäischen Nachbarn verworfen und zu Russland eine strategische Abhängigkeit entwickelt. Wer heute bedaure, dass man damals nicht Putin gefolgt sei, sei ein Dummkopf, betonte Münkler.
Der 74-Jährige glaubt nicht daran, dass es eine globale Vormachtstellung von China geben wird. Er erinnerte an Konstellationen in der europäischen Geschichte, in der es jeweils fünf Großmächte gab, die mehr oder weniger auf Augenhöhe miteinander sprechen konnten, etwa nach dem Wiener Kongress von 1815. Damit vergleichbar könne es künftig fünf große Akteure geben, nämlich die USA, China, Russland, Indien und eben Europa. Diese Mächte könnten miteinander kooperieren und konkurrieren. Die Voraussetzung dafür sei aber ein starkes Eurpa mit einem starken Deutschland.
Viewegh fragte, ob Autokratien sich leichter tun, weil sie sich nicht an Regeln halten müssen, beispielsweise im Cyber-Krieg. Münkler bejahte das und erwähnte auch den Bereich Propaganda. Damit hätten demokratische Rechtsstaaten Schwierigkeiten. Allerdings ließen sich Autokratenvon ihren Beratern oft nur das sagen, was sie hören wollen. So habe Putin keiner in seinem Umfeld vor dem Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 abgeraten.
Trotz aller Herausforderungen, vor denen Deutschland und Europa stehe, blickt Münkler positiv nach vorne. Er schaue mit Vertrauen in die Zukunft, so der 74-Jährige am Ende der Veranstaltung.
Es geht nicht, dass jede Partei ihre wahlversprechen eins zu eins einhalten kann
Verabschiedung von zentralen Erfordernis einer parl Demokratie: finden von Kompromissen
Gab bis auf kurze Phase in 50er immer Koalitionen, immer Kompromisse
Ampel: erste Dreier Regierung. Wenn C Partei eine Partei ist. Sieht er so
Macht wird sich aus Kanzleramt in Koalitionsausschuss verlagern. Hat sich bewahrheitet
Bedenkliche maxhtverlagerung
Politikern werden nachts müde und geben dann nach. Dadurch Kompromisse
Mindestens eine Partei stellt an die Stelle des Kompromisses die Freiheit des Volkswillens
Er meint AfD
Politisches System in Deutschland ist eigentlich nur n Europa am meisten führungsavers
Er ist überzeugt: Demokratien sind gut in der Lage, auf Herausforderungen zu reagieren. Aber Problem wenn man sich in bräsige Bequemlichkeit eingerichtet hat
Man muss sich auf die geänderten zeiten einstellen
==> Bräsige Bequemlichkeit
Das müssen wir immer noch; ein eigenständiges autarkes Europa
Strategische Autonomie
Aber nur wenn Europa handlungsfähig ist
Modi: dreckiger hindu nationalismus
Mut und kraft zu haben, den Konstellationen ins Auge zu schauen
Das müssen die Europäer und in erster Linie die deutschen lernen
Fragen ab etwa 12:13
Russland ist jetzt auf China angewiesen
Brics kann nicht gemeinsam politisch agieren, nur wirtschaftlich. China und Russland haben verschiedene Interessen.
Frage zu Demokratie und Macht(?)
Münkler: schnell riskante Entscheidungen kann ma nicht in der Gesellschaft lange diskutiert haben. Das ist nicht eo ipso undemokratisch, wenn derjenige demokratisch legitimiert ist
Er hat vor zehn Jahren schon für kampfdrohnen geworben, grüne haben das veröffentlicht.
Zu Politik gehört auch Führungsfähigkeot. Muss demokratisch legitimiert und kontrolliert sein. Und man muss dafür hinterher grade stehen zB bei Wahlen
Autokratisch wie Xi Putin Trump.
Viewegh: asymmetrischer Krieg
Ist demokratischer Staat nicht immer im Nachteil? ZB Cyber
Münkler: Auf der Ebene zweifellos
Können abwehren aber nicht präventiv verhindern, dass sie uns angreifen, wir können keine Symmetrie herstellen. Gilt auch für propaganda.
Hybride Kriegführung also Angriffe durch fehlinformation etc. Damit haben demokratische rechtsstaaten Schwierigkeiten
Man kann nie auf Augenhöhe mit einem autokratischen Angreifer kommen
Wir sind Russland ökonomisch überlegen. Müssen nur Kräfte bündeln
Gesetz der systematischen selbstverdummug der autokraten.
Putins Umgebung sagt ihm nicht die Wahrheit, wenn sie unangenehm ist. ZB vor Angriff 2022.
Putin hat keiner vor einmarsch gewarnt, dass es schiefgehen kann
Autokraten sind dümmer, als sie sein müssten
USA auf dem Weg in ein autoritäres Regime
Prozess des beratschlagens: Verbesserung der Einschätzung der Lage
Daher als Demokratie auf Dauer gesehen die besseren Chancen
Frage zu Wirtschaftlicher Macht. Wir haben keine seltenen Erden
Münkler: das wäre ein eigener Vortrag.
Haben im europäischen Verbund die ökonomischen Fähigkeiten uns gegen Russland aufzustellen
Im Nachteil gegen USA und China
Kreativität, innovationsfähigkeit haben gelitten unter Prozess der selbstzufriedenheit
Ewigkeitsvermutung, man glaubt, es geht einem ewig zu gut
Ist nicht so pessimistisch. Leute aus Wirtschaft: entschiedener Wille, hier zu bleiben.
Können nach wie vor innovativ sein. Aber verhindern, dass alles weggekauft wird von China oder USA
Zb Augsburg kuka? War ein tipping Point. Da hat man begriffen, dass es so nicht weitergeht
Positives Beispiel; Airbus als ziviles Luftfahrt Projekt der Europäer
In KI sind USA weit weg. Wegen vielen strengen Regeln in der EU. Handschellen
Übernormativiert? Da hat ein Prozess der änderns begonnen.
Entscheidungen Berlin letzte Woche war ein Schritt in die richtige Richtung.
Viewegh:
Wie ist Stimmungslage für weitere Generationen?
Durchaus zuversichtlich.
Er denkt. Enkel haben eine lebenswerte Zukunft vor sich (Junge und Mädchen)
Schaut mit Vertrauen in die Zukunft
